Die Tage sind inzwischen schon wieder deutlich länger und ab und zu scheint auch der Frühling gar nicht mehr so weit weg zu sein. Damit steigt die Lust, wieder mehr und länger draussen zu sein ebenfalls. Im April stehen schon die ersten ernsten Wettkämpfe an. Der lange Lauf sollte daher bereits wieder regelmässig auf dem Trainingsplan stehen.
Wie lang ist der lange Lauf?
Lang ist natürlich relativ. Die Meinungen gehen sehr auseinander, wie lang die längste Strecke im Marathontraining sein soll. Einige Trainingspläne gehen nicht über 20 km Läufe hinaus, weil die Belastung von noch längeren Läufen als zu gross erachtet wird. Dies wird für den Wettkampf aufgespart. Andere Trainer empfehlen acht bis zehn 35 km Läufe in der direkten Vorbereitung auf einen Marathon, zumindest wenn man Bestzeit-Absichten hat.
Ich habe zwei verschiedene Varianten ausprobiert. Für meinen ersten Marathon habe ich einen Trainingsplan benutzt, bei dem der lange Lauf eher sparsam eingesetzt wurde. Als längste Strecke gab es nur einmal einen 32 km Lauf.
Ab meinem zweiten Marathon habe ich dann nach dem „Countdown zur Bestzeit“ von Peter Greif trainiert. Dieser sehr leistungsorientierte Trainingsplan sieht in den letzten 8 Wochen vor einem Marathon einen wöchentlicher 35 km Lauf vor. Und dies dann noch in einer speziellen Form mit Endbeschleunigung, wobei die letzten Kilometer mit von Lauf zu Lauf zunehmender Anzahl schneller, d.h. annähernd im angestrebten Marathontempo gelaufen werden.
Ich bin mit den 35 km Läufen immer sehr gut zurecht gekommen. Am besten ist es, wenn man während der Vorbereitungsmonate Dezember bis Februar seine Standardstrecke nach und nach um jeweils ein paar Kilometer verlängert. Ende November 2015 bin ich z.B. bei 15 km als längste Strecke gewesen. Bis Ende Dezember konnte ich diese schon auf 22 km ausdehnen. Im Verlauf vom Januar ging der lange Lauf dann über gut 30 km. Nun steht der erste 35 km Lauf an.
Der lange Lauf und sein Nutzen in der Marathonvorbereitung
Es sind drei Hauptbereiche, in denen sich unser Körper an die Belastung gewöhnen und sich auf diese einstellen muss, die der lange Lauf darstellt.
1. Herz-Kreislaufsystem
Das Herz-Kreislaufsystem schafft es relativ schnell, sich an höhere Belastungen anzupassen. Ein Lauftraining, das sich ausschliesslich im aeroben Bereich abspielt, stellt überhaupt kein Problem dar, auch wenn mehr Kilometer als bisher gelaufen werden. Es steht ja immer genügend Sauerstoff zur Verfügung. Erst wenn ein schnelleres Tempo gewählt wird, muss sich das Herz-Kreislaufsystem daran anpassen. Längere Belastungen im aeroben Bereich tragen aber auch dazu bei, dass die Schwelle zur anaeroben Energiegewinnung verschoben wird. Das heisst, dass mit der Zeit schneller im aeroben Bereich gelaufen werden kann.
2. Aktiver und passiver Bewegungsapparat
Beim aktiven und passiven Bewegungsapparat sieht es schon anders aus. Der lange Lauf beansprucht Muskulatur, Gelenke, Sehnen und Bänder deutlich mehr. Vor allem die Sehnen und Bänder brauchen etwas Zeit, sich an höhere und längere Belastungen zu gewöhnen. Durch ein regelmässiges Training von langsamen längeren Läufen können sich diese Strukturen aber besser an diese Herausforderung anpassen.
Wiederholte 35 km Läufe bei noch niedrigem Tempo sind für den Körper schonender als wenn man im Training immer nur kürzere Läufe macht und im Ernstfall dann erstmals eine deutlich längere Strecke im Wettkampftempo läuft. Die Gefahr von Überlastungen ist dann wesentlich grösser.
Meine persönliche Erfahrung ist die, dass ich nach dem Marathon, bei dem im Training der lange Lauf nur selten eingesetzt wurde, noch wochenlang die Sehnenansätze rund um mein Kniegelenk schmerzhaft gespürt habe. Dies war bei keinem der Marathonläufe so, auf die ich mich konsequent mit acht bis zehn 35 km Läufen im Vorfeld vorbereitet habe.
3. Stoffwechsel
Eines der wichtigsten Trainingsziele, das der lange Lauf anstrebt, ist die Optimierung des Fettstoffwechsels. Je mehr unser Körper schon im Training mal an seine Grenzen gebracht wird, desto besser kann er sich an solche Extrembelastungen anpassen und ist im Ernstfall dann besser vorbereitet. Das trifft auch auf die Energieversorgung zu.
Da die Kohlenhydratvorräte im Gegensatz zu den Fettreserven nur begrenzt vorhanden sind, wirkt es sich auf die Leistungsfähigkeit sehr günstig aus, wenn möglichst viel Energie aus den Fettdepots gewonnen werden kann. Der lange Lauf trainiert den Fettstoffwechsel sehr gut, wenn keine Kohlenhydrate während des Laufes zugeführt werden.
Die zu Beginn des Laufes noch vorhandenen Kohlenhydratvorräte sind relativ schnell verbraucht. Wenn wir dann weiterlaufen, wird unser Körper dazu gezwungen, seine Energie aus den Fettspeichern zu beziehen. Da dazu mehr Sauerstoff benötigt wird als bei der Energiegewinnung aus Kohlenhydraten, muss das Tempo entsprechend langsam gewählt werden und der Lauf muss lang genug sein. Beim 35 km Lauf trainiert unser Körper die Fettverbrennung optimal. Im Wettkampf steht dadurch mehr Energie zur Verfügung.
Der lange Lauf regelmässig ins Marathontraining eingebaut ist also ein Vorteil, der im Wettkampf spürbar wird. Auch psychologisch ist es im Wettkampf gut, wenn man bereits mehrfach 35 km gelaufen ist. Mir ging es immer so, dass die Länge bis km 35 gefühlsmässig ja schon "normal" war. Und dann sind es "nur" noch 7 km, was sich so anfühlt, wie "es ist nicht mehr weit, das schaffst du noch locker".
Bei jedem meiner Marathonläufe, die ich mit regelmässigen 35 km Läufen vorbereitet hatte, habe ich mich wohl gefühlt. Die Muskulatur und der passive Bewegungsapparat haben sich hinterher sehr schnell erholt, so dass ich auch am Tag nach dem Marathon z.B. gut eine Treppe rauf und runter gehen konnte.
Mir ist es wichtig, dass mein Körper auf solche Belastungen gut vorbereitet ist. Dann macht auch der Wettkampf richtig Freude, obwohl er natürlich über das bis dahin im Training geleistete hinausgeht.
Die kommenden Frühlingstage laden wieder zu längeren Läufen ein. Geniesse diese und freue dich auf deinen Marathon. Dein Körper dankt dir die gute Vorbereitung auf diese nicht alltägliche Belastung. Und im Ziel ist die Freude über das Erreichte um so grösser, wenn es deinem Körper auch dann noch gut geht!
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