Schon sehr lange schlummerte der Traum in mir, einmal auf dem Traumpfad über die Alpen zu laufen, von München nach Venedig. Immer war es für mich klar, dass ich den Weg als Ganzes unter meine Füße nehmen und ihn nicht aufteilen und stückweise gehen wollte. Daher hat es lange gedauert, bis das zeitlich möglich wurde.

 

München

 

Doch am 19. Juli 2017 war es endlich so weit. Am Marienplatz in München startete ich zu einer unglaublichen Reise auf dem Traumpfad nicht nur von München nach Venedig sondern auch ein großes Stück näher zu mir.

 

Auf dem Traumpfad von München nach Venedig

 

In den 24 Tagen, die ich schließlich unterwegs war, durfte ich viele schöne Erlebnisse mitnehmen. Jeden einzelnen Tag habe ich sehr genossen. Mein Weg führte mich durch ganz verschiedene Landschaften, die jede für sich ihre ganz eigene Schönheiten hatte.

 

Isar

 

Nach dem Start am Marienplatz ging es schnell aus dem Trubel der vielen Menschen hinaus an die Isar. Ihr folgte ich für die nächsten 2,5 Tage bis Lenggries. Die ersten beiden Tagesetappen bis Wolfrathshausen und Bad Tölz waren mit jeweils über 30 km zwar relativ lang. Aber der Weg entlang der Isar und durch die schönen Isarauen war bequem zu gehen. Damit konnte ich mich sehr gut einlaufen für die dann folgenden Bergetappen.

 

Auf dem Traumpfad über die Alpen

 

Von Lenggries aus ging es zum ersten Mal in die Ruhe der Bergwelt, zumindest hinter dem Brauneck auf dem Weg zur Benediktenwand und der dort unterhalb der Nordwand liegenden Tutzinger Hütte. Schnell zeigte sich aber auch, dass beim Wandern in den Bergen mehr Vorsicht geboten ist. Ich hatte erste Kletterpassagen zu bewältigen und in der Ferne meldete sich genau zu dieser Zeit ein Gewitter.

 

In der Tutzinger Hütte fanden alle am gleichen Tag wie ich gestarteten München – Venedig – Wanderer erstmals zusammen. Das gemeinsame Ziel verband sofort und in den nächsten Tagen trafen wir uns naturgemäß immer wieder. 

 

Für mich war es eine sehr schöne Erfahrung, einerseits unabhängig zu sein und die eigene Freiheit zu haben, gleichzeitig aber dann doch irgendwie zu einer Gruppe von „Gleichgesinnten“ zu gehören. So erlebte ich das Miteinander völlig unkompliziert. Mal ging ich ein Stück mit dem einen oder anderen zusammen, dann wieder alleine. Jeder handhabte dies nach den eigenen Bedürfnissen. Und abends am nächsten Ziel angekommen gesellten sich alle München – Venedig – Wanderer wieder zusammen.

 

Auf dem Traumpfad über die Alpen – Karwendel

 

Als es ins Karwendel ging, wurde leider das Wetter schlechter. Einen der heikleren Übergänge konnte ich daher nicht gehen. Die Alternative war ein Umweg über das Tal und der Aufstieg ins Paralleltal. Das ergab zwar einige Kilometer mehr, dies aber auf bequemen Wegen. Als Läuferin mag ich diese Wege sehr. Ich kann dann sehr gut meine Gedanken einfach fließen lassen und muss nicht so intensiv auf jeden Tritt achten, wie das im Gebirge sonst nötig ist.

 

Zentralalpen

 

Das schlechte Wetter hielt ein paar Tage an, so dass ich auch in den Zentralalpen ab und zu umdisponieren musste. Dauerregen, Kälte und Schnee waren für einige Zeit meine Begleiter. Um so schöner war dann immer die Ankunft in den warmen, trockenen und gastfreundlichen Hütten

 

Auf dem Traumpfad über die Alpen

 

Erst als ich die Grenze nach Italien am Pfitscherjoch überschritten hatte, wurde es immer wärmer. Meine warme Kleidung konnte ich bald endgültig wieder tief in meinem Rucksack verstauen. Vor allem die Dolomiten waren dann ein Traum. Bei auf dieser Höhe angenehmen Temperaturen konnte ich diese wunderschöne Bergwelt in vollen Zügen genießen. Die unterschiedlichen Vegetationszonen von dunklen Wäldern, teilweise sehr ausgedehnten Alpwiesen wie zum Beispiel das kilometerlange Hochplateau der Lüsener Alm, begrünten Bergrücken oder Latschenhängen bis zur völligen Mondlandschaft rund um den Pia Boè beeindruckte mich jede auf ihre eigene Weise.

 

Dolomiten

 

Ein ganz besonderer Moment war es für mich, in der Nähe vom Piz Boè am mit knapp 3’000 m höchsten Punkt der gesamten Wanderung zu stehen. Ich hatte meine Etappen so geplant, dass ich dort schon relativ früh am Morgen vorbeikam. So war ich ganz alleine dort. Hier in dieser grandiosen Landschaft hoch über allem fühlte ich mich so leicht und unbeschwert. Alle Probleme schienen unwichtig und für Verletzungen vergeben war auf einmal ganz leicht. Ich habe diese Momente sehr bewußt in mich aufgenommen und werde sie nie vergessen. Ein kleiner Stein wird mich auch physisch immer daran erinnern.

 

Auf dem Traumpfad über die Alpen

 

Nach einigen Tagen auf meinem Traumpfad über die Alpen hatte ich das Gefühl, in einer völlig anderen Welt zu sein. Mein normaler Alltag war ganz weit weg und ein“neuer“ Lebensrhythmus bald gefunden. Die Ruhe in den Bergen und das deutlich heruntergeschraubte Lebenstempo habe ich sehr genossen. Auch habe ich es mir gegönnt, einmal nicht ständig erreichbar zu sein und tagelang auch auf E-Mail und Internet zu verzichten. Als elektrosensibler Mensch tun mir solche elektrosmogfreien Oasen, die es in den Bergen immer noch gibt, sehr gut.

 

Belluno

 

Richtig aufgefallen ist mir mein neues Lebensgefühl allerdings erst, als ich nach Belluno abgestiegen bin. Hier ist die Alpenüberquerung geschafft und ich war sehr stolz darauf. Andererseits fühlte ich mich sofort wieder in die Hektik und den Lärm der „normalen“ Welt geworfen, als ich auf der Autostraße ankam, auf der ich noch über 20 km bis Belluno laufen musste. Pausenlos rasten Autos an mir vorbei. Alles in mir protestierte ganz laut und verlangte wieder nach der herrlichen Ruhe und Gemächlichkeit der letzten Tage.

 

Auf dem Traumpfad über die Alpen

 

Italienische Tiefebene

 

Glücklicherweise folgten dann noch ein paar Tage in der italienischen Tiefebene, die einen etwas sanfteren Übergang boten. Auf diese letzten Etappen auf dem Weg nach Venedig verzichten viele Wanderer, da es oft sehr heiß ist, nur noch flach und jeden Tag wieder viele Kilometer zu bewältigen sind. Ich möchte jedoch auch keinen dieser Tage missen. 

 

Nach Belluno gibt es mit dem Col Visentin zunächst noch einmal einen letzten Berg. Danach folgt eine wunderschöne hügelige Landschaft mit zahlreichen venezianischen Weinbergen. Und schließlich geht es gut 2 Tage dem Piave entlang. Auch hier eröffneten sich immer wieder schöne Landschaftsausblicke. Und der Piave hat tolle Badestellen, die bei der Hitze der italienischen Tiefebene eine willkommene Abkühlung bieten.

 

Auf dem Traumpfad über die Alpen

 

Das Ende meiner Wanderung auf dem Traumpfad über die Alpen brachte noch etwas Abenteuer, da ich kurz vor Jesolo mitten in einen Tornado geraten bin. Zusammen mit zwei anderen München – Venedig – Wanderern habe ich gerade noch rechtzeitig einen Unterschlupf auf einem Bauernhof gefunden. Die zahlreichen umgefallenen zum Teil sehr dicken Bäume, die unseren weiteren Weg blockierten, haben mir eine Ahnung gegeben, was uns geblüht hätte, wenn wir weitergegangen wären und nicht Schutz gesucht hätten. Mein Schutzengel ist wohl an diesem Tag besonders wachsam gewesen.

 

Auf dem Traumpfad über die Alpen

 

Die letzte Etappe von Jesolo nach Venedig ist besonders prädestiniert für Emotionen. Es gab dazu einige Gelegenheiten. Zunächst einmal bereits am Morgen in dem Wissen loszugehen, dass dies der letzte Tag dieser für mich so besonderen Wanderung war, vereinte den Stolz, es bald geschafft zu haben, mit der Wehmut, dass diese unbeschwerte und schöne Zeit nun zu Ende geht. Aber ich habe auch an diesem Tag jeden Moment genossen.

 

Am Meer 

 

Als ich am Meer ankam, wurde mir zum ersten mal richtig bewusst, was ich geleistet hatte. Die Vorstellung von München aus über die Berge ans Meer gelaufen zu sein, hat mich fast überwältigt. Und ich war ganz mächtig stolz auf mich. Nach dem Unwetter vom Vortag war der Strand ziemlich leer und so konnte ich diesen Moment für mich richtig auskosten.

 

Auf dem Traumpfad über die Alpen

 

Nachdem ich die Punta Sabbione, den eigentlichen Endpunkt des Fußweges erreicht hatte, breitete sich das Gefühl in mir aus „Nun habe ich es tatsächlich geschafft!“. Die gut halbstündige Fahrt mit dem Schiff nach Venedig war dann einfach Genus pur. 

 

Markusplatz in Venedig

 

Und schließlich war da noch der Moment, als ich am 11. August 2017 auf dem Markusplatz angekommen bin. Auch dies war trotz der vielen Menschen ein erhebender Moment. Nun ist es wirklich Realität geworden, ich bin von Marienplatz zum Marktplatz gegangen und das war wirklich ein Abenteuer auf dem Traumpfad über die Alpen. 

 

Auf dem Traumpfad über die Alpen

 

Der ganze Weg bis hierhin war eine wunderbare Erfahrung mit vielen schönen Erlebnissen und Begegnungen. Keinen einzigen dieser 24 Tage möchte ich missen. Noch tagelang spürte ich eine unglaubliche Ruhe und Zufriedenheit in mir. Und ich fühle mich auch jetzt noch sehr glücklich, dass ich diese Reise erleben durfte. Sicher werde ich noch lange davon zehren können.

 

Herzlichen Dank an alle lieben Menschen, die ich auf meinem Traumpfad über die Alpen getroffen habe, die mich ein Stück auf meinem Weg begleitet und durch ihr Dasein bereichert haben. Das ist für mich etwas sehr Wertvolles.

 

Auf dieser Wanderung habe ich mich unglaublich gut gefühlt und die körperlichen Belastungen ohne Probleme geschafft. Von Anfang an war mir wichtig, dass ich meinen Körper gut unterstütze. Daher habe ich mir bereits bei der Vorbereitung meiner Alpenüberquerung einige Gedanken gemacht. 

 

Wie ich dafür gesorgt habe, dass ich diese sehr sportliche Herausforderung auf dem Traumpfad über die Alpen so gut bewältigen konnte, erfährst Du im nächsten Artikel.

 

 

6 Kommentare
  1. Micha
    Micha sagte:

    Ein tolles „Reisebericht“ von Traumpad, es hat richtig Spaß gemacht das zu lesen und dabei erfrischen eigene Gefühle vom meinem Alpenüberquerung.

    Schöne Grüße, Micha

    Antworten
    • Ute Ritter
      Ute Ritter sagte:

      Vielen Dank! Es war wirklich ein tolles Erlebnis. Ich würde es immer wieder machen und plane schon für nächstes Jahr etwas ähnliches. 

      Antworten
  2. Christa Berg
    Christa Berg sagte:

    Ein schöner Bericht und sehr schön, dass du diese Wanderung jetzt ein Jahr später doch verwirklicht hast.

    Herzlichen Glückwunsch zu dieser Leistung und auch sonst alles Gute,

    Christa

    Antworten
  3. Martin
    Martin sagte:

    Schöner Bericht. Es freut mich zu lesen, dass du in Venedig angekommen bist.

    Herzlichen Glückwunsch und mein Respekt vor der Leistung!

    Schöne Grüße,

    Martin, der Frühaufsteher aus Dortmund 😉

    Antworten
    • Ute Ritter
      Ute Ritter sagte:

      Vielen Dank! Es war eine wunderschöne Zeit. Schön auch, dass wir uns getroffen haben. Das Wetter wurde immer besser und war vor allem in den Dolomiten ein Traum. Teilweise hatte ich es dann recht einsam unterwegs. Aber auch dies habe ich genossen.

      Liebe Grüße nach Dortmund

      Antworten

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